Immer die Menschen und die Region im Blick.
Die Vorstände der OVAG über das Jahr 2023 und die Zukunft.
Das sich nun seinem Ende zuneigende Jahr, war ein weiteres krisengeschütteltes und für viele schweres Jahr. Wir alle wissen um die Schlagzeilen, die die Medien beherrschen und die Stimmung der Menschen beeinflussen. Welche Bilanz ziehen Sie als Vorstand der OVAG für den Konzern der ja aus OVAG, ovag Netz und VGO besteht?
Joachim Arnold Eine zufriedenstellende, so, wie schon in den Vorjahren. Ich mache das zuerst daran fest, dass wir erneut in der Lage waren, insgesamt die Verluste aus dem Öffentlichen Personennahverkehr – die, in ländlichen Regionen nicht geringer werden – auszugleichen. Der zweite Maßstab: Es gibt positive Entwicklungen, die OVAG ruht sich eben nicht auf Lorbeeren aus, wichtige Projekte werden engagiert und mit Augenmaß vorangetrieben.
Oswin Veith Für die Unternehmensgruppe stelle ich fest, dass unser Haus seit über 110 Jahren unschätzbare Wertschöpfung für die gesamte Region und die hier lebenden Menschen betreibt. Das liegt in unserer Genetik. Wir sind einer der größten Arbeitgeber in Oberhessen, bilden seit nunmehr 100 Jahren ununterbrochen junge Menschen aus, geben Familien damit eine Zukunft, vergeben Aufträge an Firmen der Region, sichern damit auch deren Fortbestand und engagieren uns im sozialen wie auch im kulturellen Bereich. Zum 20igsten Mal stifteten wir den Jugendliteraturpreis und unser Neujahrsvariete genießt Weltruf. Alle unsere Mitarbeiter sind exzellent qualifiziert und engagiert. Ich blicke also frohen Mutes in die Zukunft.
Sie sprachen von Projekten. Können Sie einige an dieser Stelle hervorgeben?
Arnold Gerne Es gibt viele, die erwähnenswert und zukunftsweisend sind. Ich will hier nur ein paar wenige benennen: Energieerzeugung mittels Windkraft und PV-Freiflächen-Anlagen, Ausbau eines schwarzfallsicheren Kommunikationsnetzes, Ultrafiltrations-Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung sowie die Energieberatung. Aber das wichtigste ist, das, was für den Großteil der Menschen selbstverständlich ist, dass Strom und Trinkwasser rund um die Uhr ins Haus geliefert werden. Was alles dafür notwendig ist, bekommen die wenigstens mit. Nur wenn diese Selbstverständlichkeit unterbrochen ist, erinnern sie sich daran, wie elementar die Versorgung mit diesen Gütern ist.
Veith Was unsere Projekte anbetrifft, so sind wir gerade bei den Windparks an Land in die 5 MW-Klasse eingestiegen, planen künftige Anlagen schon mit 7,2 MW und haben gerade vor Rügen in der Ostsee Offshore-Anlagen der 9,5 MW-Klasse errichten lassen. Wir planen PV-Anlagen auf über 100 Hektar mit einem Invest von rund 70 Millionen Euro. Der Netzausbau zur Stabilisierung und Durchleitung des enormen Strombedarfs der ganzen Region (alleine im Wetteraukreis + 30.000 Einwohner zusätzlich) wird uns in den nächsten Jahren ein Investitionsvolumen von 250 Millionen Euro abverlangen. Wir sind an der Stelle schon klasse und haben deutschlandweit mit die geringsten Stromausfallzeiten und so soll das auch bleiben. So eine Leistung fällt nicht vom Himmel. Da bedarf es eben eines Weitblicks bei den Investitionen, enormer Anstrengungen und hoch motivierten Personals.
Arnold Hierzu erlaube ich mir einen Hinweis, der mir Sorgen bereitet, jedoch ein Abbild gesellschaftlicher Entwicklungen ist: Die Ungeduld vieler Menschen, die mitunter in Unverständnis übergeht. Und dies wird nicht selten auf dem Rücken von Mitarbeitern ausgetragen. Um die Versorgungssicherheit nachhaltig stabil zu halten, ist es unumgänglich, zu gewissen Zeiten an gewissen Stellen Arbeiten im Netz vorzunehmen. Was wiederum bedeutet: Der Strom muss aus Sicherheitsgründen für diese Zeit abgestellt werden. Worüber die betroffenen Kunden in der Regel eine Woche vorher mit genauer Zeitangabe informiert werden.
Veith Ja, das ist zwar ärgerlich jedoch unumgänglich und immer aber im Interesse der Betroffenen selber, die das naturgemäß manchmal anders sehen.
Wenn das nicht alle Menschen auf dem Schirm haben, was ist aus ihrer Sicht das Essentielle für sie an der OVAG?
Veith Die Sicherheit und die Zuverlässigkeit für unsere Kunden. Viele Menschen empfinden die OVAG als einen Teil ihrer Heimat – einer sicheren Heimat. Wir werfen in Krisenzeiten niemanden aus unseren Verträgen und lassen keinen zurück, so wie dies vor ca. zwei Jahren Tausenden Stromkunden in Deutschland widerfahren war. Einige fallen halt immer wieder auf vermeintliche „Stromschnäppchen“ rein. Wichtig: Die Verlässlichkeit der OVAG und die Erreichbarkeit, um sich zu informieren, zu hinterfragen oder auch zu kritisieren. Das gehört dazu. Und, zum Jahresbeginn warten alle auf die neuesten Strompreise.
Arnold Deshalb hat es uns gefreut, dass sich für 2024 insbesondere der gesunkene Einkaufspreis positiv auf die Tarife für die Kunden der OVAG auswirkt. Fast alle neuen Tarife liegen somit unter Strompreisbremsenniveau.
Veith Außerdem: Um den individuellen Bedürfnissen der Kunden entgegenzukommen hat der Vertrieb unterschiedliche Tarife im Angebot. Neu ist dabei der ovagTrend für Privatkunden, der eng an die Entwicklungen der Großhandelspreise gekoppelt ist. Aber genauso gibt es für jene Kunden, die auf die langfristige Verlässlichkeit setzen möchten, den Tarif mit einer zweijährigen Preisgarantie.
Ein Blick auf das Jahr 2024?
Arnold Um nur ein Projekt von so vielen herauszuheben: die Digitalisierung der Energiewende. Im kommenden Jahr wird die Installierung der entsprechenden Messysteme deutlich zunehmen. Im Jahr 2023 konnten wir 2.200 Geräte einbauen. 2024 soll diese Zahl auf 12.000 gesteigert werden.
Veith Es bleibt eine besondere Herausforderung für die ganze Branche, so auch für uns, die vielfältig zunehmenden Gesetzesvorgaben, die handwerklich nicht besser, dafür aber schneller werden, anzuwenden. Immer stärker und kleinteiliger greift der Staat durch seine Regulierung ein und ist doch so fern von den Mühen des Tagesgeschäfts. Das führt zu Unruhe in der Belegschaft notgedrungenerweise aber auch bei den Kunden. Vieles davon könnte man sich ersparen. Unsere Haltung aber bleibt: Vorsichtig, aber mutig und zuversichtlich mit Augenmaß und Weitblick den Krisen zum Trotz den Unternehmensverbund sicher durch die Zeit zu manövrieren in dem Bestreben, das beste für die Menschen und für die Region zu erreichen.